Dieser Zeitungsartikel erschien am 19.09.2009 in der IVZ von mir

Im Zug über ein langes Leben erzählt

Melanie Spenthof hat ein Buch über das Leben ihrer Oma Paula Goldbeck geschrieben. Dabei handelt es sich aber nicht um eine reine Biographie.
Melanie Spenthof hat ein Buch über das Leben ihrer Oma Paula Goldbeck geschrieben. Dabei handelt es sich aber nicht um eine reine Biographie.
(Foto: Oliver Langemeyer)


Melanie Spenthof sitzt auf einer Küchenbank. Auf dem Tisch ist ein silberfarbener Laptop aufgeklappt. „Hier ist mein Büro“, sagt die 39-jährige Mettingerin. In der Küche habe sie oft bis tief in die Nacht gesessen und fleißig in die Tasten gehauen. Unlängst hat sie ein kleines Büchlein geschrieben. „Sophia, flieg mit den Wolken“, lautet der Titel. Es handelt vom Leben ihrer Großmutter Paula Goldbeck, die zuletzt zusammen mit Melanie Spenthof und ihrer Familie im Haus zusammen wohnte. Im Juli 2008 starb Paula Goldbeck im Alter von 94 Jahren.

Ihre Mutter habe sie auf die Idee gebracht, über die Großmutter zu schreiben, erzählt Spenthof. „Die Oma hat so viel erlebt, hat meine Mutter gesagt. Das müsste man eigentlich mal aufschreiben“, erinnert sie sich. Sie zögerte nicht lange. „Ich wusste schon viel über das Leben meiner Oma“, berichtet sie. Denn sie habe ein sehr inniges Verhältnis zu Paula Goldbeck gehabt. Diese Vertrautheit habe es aber auch schwer gemacht. Spenthof: „Die Erinnerungen haben mich manche Träne gekostet.“ Paula Goldbeck wird am 4. Juni 1914 in Ibbenbüren geboren. Sie verliert ihren Mann im Zweiten Weltkrieg. Später heiratet sie ihren Schwager und zieht mit ihm zum Schniederberg, erzählt Spenthof.Der Text besteht aber nur zum Teil aus realen Schilderungen aus dem Leben ihrer Oma. Eine reine Biografie sei zu trockener Stoff gewesen, erklärt die Mettingerin. Deshalb lässt sie ihre Oma in der Geschichte eine junge Frau namens Victoria treffen. „Die beiden lernen sich im Zug auf dem Weg nach Inzell kennen.“ Die junge Frau habe mehrere Schicksalsschläge hinter sich und wolle neu anfangen. Die Oma, die Spenthof in ihrer Erzählung nach ihrem zweiten Namen „Sophia“ benennt, will Victoria ihren Lebenswillen zurückgeben. Dabei erzählt sie viel aus ihrem eigenen Leben und von ihrer Erfahrung. Davon hat sie als 92-Jährige reichlich. Eigentlich will Victoria nur bis Aschaffenburg fahren. Sie ist aber von der alten Dame so fasziniert, dass sie sie schließlich bis nach Inzell begleitet. Dort sei ihre Oma tatsächlich oft gewesen, sagt die Autorin. Sie sei ohnehin eine sehr starke Frau gewesen, die viel Lebensmut vermitteln konnte. Das habe sie selbst oft erlebt.

Melanie Spenthof ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie arbeitet als Arzthelferin in einer Tierarztpraxis. Ihre Geschichte habe sie in Eigenregie als persönliches Buch über einen Internet-Anbieter veröffentlicht. Das Schreiben habe ihr letztlich auch geholfen, den Verlust der geliebten Großmutter zu verarbeiten. Der Titel „Sophia, flieg mit den Wolken“ gehe auf ein sehr persönliches Gespräch mit ihrer Oma zurück, beschreibt Melanie Spenthof. Die Großmutter habe zu ihr gesagt: „Wenn ich ein Engel wäre und Flügel hätte, wäre ich schon weg.“

Melanie Spenthof klappt den Laptop auf dem Küchentisch erst einmal zu. Die biografischen Erinnerungen an ihre Oma sollen aber nicht das Letzte gewesen sein, was sie geschrieben hat.

VON OLIVER LANGEMEYER, IBBENBÜREN